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ГП-цитатник

НЕМ: семинар № 2

Модератор: LyoSHICK

НЕМ: семинар № 2

Сообщение Night witch » Пн апр 25, 2005 01:45

Может, вот этот (до конца мая):

http://www.buchjournal.de/sixcms/detail.php?id=47768

Warum tut lieben mehr weh als töten?
(Willem Hold)

Willem Hold hatte sie schon während des Starts entdeckt, als sie unter dem Ärmel eines weißen Herrenhemds auftauchte, infolge der Beschleunigung oder von Nervosität, die einen beim Abheben den Arm strecken läßt, pendelnd um ein schmales Gelenk, schmal, aber weich, die Jaeger-Le Coultre Reverso mit Sekundenanzeige, eine seiner Traumuhren, seit er denken konnte, neben der Rolex Daytona Newman: von der sie sich unterschied wie das Gute vom Bösen.
Lange hatte er nur auf die Hand und das Gependel gesehen, erst nachdem die Schlafbrillen verteilt waren, riskierte er auch einen Blick auf Lippen und Nase der Frau. Die paßten zu einer Reverso, fand er, zu ihrer schlichten Form mit den feinen arabischen Zahlen, und die Augen unter der Brille, die stellte er sich grün bis braun vor, jedenfalls alarmierend. Willem Hold - seinem Gefühl nach Anfang Zwanzig, in Wahrheit längst über Dreißig - konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so ruhig neben einer Frau gelegen hatte, noch dazu umgeben von hilfsbereiten anderen weiblichen Personen, aber er war auch noch nie erster Klasse geflogen. Höchst angenehm war das, eine kleine entgegenkommende Welt, mit persönlicher Stewardeß, die einen beim Namen nannte, auch nach Verlöschen aller Lichter, "Möchten Sie geweckt werden, Herr Pallas?" Wie selbstverständlich kam das aus ihrem Mund, dem einer Vorstadtschönheit, und seine Antwort war ein sachtes Hin- und Herbewegen des Zeigefingers. An Schlaf war für ihn gar nicht zu denken; wenn es etwas gab, dem Willem Hold traute, waren das seine Wachheit und die Fähigkeiten eines philippinischen Paßfälschers.
Er hatte das Dokument erst gestern mittag bekommen, aus der Hand des berüchtigten Homobono Narciso, früher in Sonderkommandos tätig, seinen
Opfern, soweit sie noch lebten, als Major Bony unvergeßlich, der linken Hand, muß man sagen, denn die rechte fehlte dem Exmajor, der sich seit dem Sturz von Estrada, dem Schmieren-Präsidenten, als einhändiger Detektiv in Manila durchschlug, meist im Dienst von Anwälten, die beim Prozeßgegner nach
Schmutz suchten, wenn es sein mußte, den Schmutz auch bestellten. Irgendwer hatte Narciso beauftragt, ihn zu engagieren, vermutlich ein
Deutscher, denn es ging ja nach Deutschland, und der Exmajor hatte den Paß bestellt, bei Leuten mit Zugang zur Staatsdruckerei, versteht sich. Wer hinter alldem steckte, mußte Geld haben, viel Geld, und wer für ihn tätig wurde, wog eben erster Klasse - aber offenbar immer noch nicht genug Geld, dachte Hold, sonst hätte man ihn kaum engagiert.
In der First, hieß es immer, könnte man schlafen, doch Willem konnte nirgends schlafen, es half auch nicht, wenn eine Frau neben ihm lag, er meinte dann, ihren Schlaf bewachen zu müssen, und sah sie an, wie er seine Sitznachbarin mit der Reverso ansah, obwohl er mehr als eine Armlänge von ihr getrennt war: Technisch betrachtet, befand sie sich neben ihm. Einen Fuß auf dem anderen, die Hände auf den Schenkeln - sie trug eine Jeans von der Zweihundert-Dollar-Sorte -, lag sie entspannt auf dem Rücken, Brust und Bauch mit Teilen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bedeckt, hübsch um
einen freiliegenden Nabel gruppiert, und was für einen, das perfekte Oval, ohne Knorpel, ein gestreckter Trichter, und nicht etwa mit falscher Perle darin, sondern einem echten Tattoo am Rand - jetzt erst zu sehen, nach kurzer Turbulenz, die den Kulturteil der Zeitung Richtung Sitz rutschen ließ -, einem Symbol, kaum größer als eine Neun-Millimeter-Patrone, aus seiner Sicht das Sinnbild der Männlichkeit, wie man es auf Klowänden findet (in Wahrheit der
winzige Umriß eines oberitalienischen Sees, doch wer vermutet im Nabelbereich schon einen geographischen Hinweis).
Er schätzte sie auf Ende Zwanzig, höchstens, und weder ihr weißes Hemd noch die unschuldig hellen Nägel, maßvoll spitz, und schon gar nicht die
traumhafte Uhr - gelbes Lederband - konnten ihn darüber hinwegtäuschen, daß sie in diesem Liegesitz fehl am Platz war, so fehl wie er. Willem Hold sah sich neben einer jener Frauen sitzen, die im Dienste gewisser Männer mit Geld
für eine Nacht um die halbe Welt fliegen, käuflich, aber auf hohem Niveau, sonst würde sie kaum diese Zeitung lesen, die sogar in den deutschen Bars von Manila manchmal herumlag, vermengt mit der Bild-Zeitung zu einem Müll
aus Klatsch und Wirtschaft, und er warf einen Blick in den aufgeklappten Kulturteil. Morgen fing die weltgrößte Buchmesse an, Rekord an Neuerscheinungen, hieß eine Überschrift, also reisten auch etliche Männer mit Geld nach Frankfurt, verständlich, daß eine Frau wie sie auf dem Heimweg war. Er besaß nur eine vage Vorstellung von dieser Messe, die es schon gab,
als er in Frankfurt zur Schule ging, die vage Vorstellung von bärtigen Typen mit Brillen, umgeben von Zigarettendunst, und dünnen Weibern in Schwarz, die aus noch dünneren Büchern lasen, allerdings besaß er auch keine rechte Vorstellung mehr von der Stadt Frankfurt, ja nicht einmal von Deutschland, das er vor einem Jahrzehnt eiligst verlassen hatte.
Hold überflog noch die Notizen über Shootingstars der Messe, allen voran ein gewisser Ollenbeck, Vertreter eines neuen Männerwunders, wie dort zitiert war, angeblich publikumsscheu, mit einem ersten, sogenannten Skandalroman, sowie eine Frau, von der er schon gehört hatte, Vanilla Campus, Verfasserin einer Sexfibel, Bodymotion. Von ihr gab es sogar ein Foto, als Diva mit wallendem Haar und leicht offenem Kußmund, dazu Augen fast so dunkel wie seine, aber etwas verengt, um sie gefährlich erscheinen zu lassen, ein Gesicht, das an den Rändern zerfloß, nur von Haar und Augen in Form gebracht, irgendwie alterslos, sie konnte dreißig sein, aber auch fünfzig, als sei dazwischen alles eins, eine einzige Crème caramel, und je länger er hinsah, desto mehr fiel ihm dabei ein anderes Gesicht ein, ebenfalls mit großem Mund, immerzu feucht und ganz ähnlich zerfließend, geradezu brüderlich, nur gehalten von zwei harten Augen, erschreckend hart für die eines Fünfzehnjährigen.
Er dachte an seine Jahre im Heim, nach frühem Tod der Eltern, er dachte an Zidona, der sein Leben verändert hatte. Eines Abends - sie hatten Modellflieger im Turnraum gebastelt - kam er mit zwei anderen und drängte ihn in die Toilette, die Helfer bogen seine Arme auf den Rücken und rissen
ihm die Hose herunter, während Zidona schon die Flasche mit dem Spannlack bereithielt - Lack für die mit Wachspapier verkleideten Tragflächen der
Flieger, damit sie sich spannten wie dünnes Glas -, ihm noch eins in den Magen gab und sein Ringen nach Luft dazu nutzte, den kompletten Inhalt der
Flasche einem Zweck zuzuführen, den er immer noch ausbaden mußte.
"Wie spät ist es?"
Ohne die Schlafbrille abzunehmen, hatte sie das in seine Richtung geflüstert, die Frau mit dem kleinen Tattoo am Nabel, und Willem Hold sah auf ihre Uhr.
"Gleich zwei", sagte er.
"Was zwei?"
"Zwei Uhr morgens, Manila-Zeit."
"Wieviel Stunden sind wir geflogen?"
"Fünf vielleicht."
"Also noch acht", sagte sie.
"Das kommt hin."
"Und wie spät ist es in Frankfurt?"
Hold überlegte kurz; er war so lange nicht mehr nach Westen geflogen, immer nur nach Norden oder Süden, zur Erholung nach Bali, zum Shopping nach
Hongkong. "Zehn Uhr abends."
"Dann leuchten noch alle Banken. Kennen Sie Frankfurt?"
"Nein", sagte er, "sowenig wie Ihre Augen."
"Aber Ihre Stimme klingt ein bißchen nach Frankfurt."
"Meine Mutter kam aus Offenbach."
"Meine nicht", sie hob die Schlafbrille etwas an und blinzelte unter den Rändern hervor, "ich heiße Lou."
"Willem. Heißen Sie wirklich so?"
"Ja."
Er versuchte, ihre Augen zu sehen, vergebens.
"Nicht Jennifer oder Tanja oder Chantal?
"Nein, wofür halten Sie mich?" Sie ließ die Schlafbrille wieder zuschnappen und lächelte, als wären ihre Augen beteiligt. "Was ist das für ein Name, Willem?"
"Das ist Wilhelm ohne H."
"Dann will ich Ihnen jetzt etwas sagen, Wilhelm ohne H", sie flüsterte wieder, "mein Name ist in Wahrheit etwas länger, beruflich heiße ich allerdings Lou. Und ich bin auch nicht so weit von dem entfernt, wofür Sie mich halten."
"Ich halte Sie für gar nichts."
"Warum lügen Sie, Willem?"
Ihre Hand mit der Reverso kam, sie suchte seine Hand, und er kam ihr entgegen, während sie flüsterte wie in der Schule, als wollte sie bei ihm abschreiben. "Sie halten mich für eine Nutte. Keine billige, aber eine Nutte. Ist mir egal. Ich hätt es nur gern, daß Sie etwas auf mich aufpassen, wenn ich schlafe."
"Das tue ich sowieso schon."
"Um so besser. Dann gute Nacht."
Und damit drehte sie sich auf die Seite, ihm vertrauensvoll zugewandt, und Willem Hold - der seinem Vornamen schon in der Schule mehr Schwung
verliehen hatte - war wieder allein mit sich und der Welt, während die große Maschine irgendwo über Indien hinwegzog, mit Kurs auf Frankfurt, wo er
schon am nächsten Abend für fünfzigtausend Euro einen Mann töten sollte.
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Сообщение Inge » Пн апр 25, 2005 02:49

Я за.
Alkohol ist eine Flüssigkeit, in der man alles konservieren kann ausser Geheimnissen.
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Сообщение ja » Ср апр 27, 2005 16:14

Erica писал(а):Я за.
И ja.
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а Баба-Яга, кажется, против

Сообщение Катя_А » Пт апр 29, 2005 10:18

Я не то, чтобы против, но отрывок меня пока не "зацепил" - или я в нём какого-то важного места не поняла, и он для меня не "сложился" в целое - впрочем, это и есть отрывок.

На всякий случай выкладываю ещё 2 рассказа, второй - подлиннее, зато тоже про киллера. (kill bill)

Frühjahrsputz
(Jessica Falzoi, 2004)


Er wachte auf, als die Sonne ihm direkt ins Gesicht schien. Blinzelnd sah er durch die schmutzige Fensterscheibe. Nach einer Weile tastete er vorsichtig nach Helens warmen Körper. Sie schien noch fest zu schlafen. Er hörte, wie die Kinder in der Küche frühstückten. Helen seufzte leise im Schlaf. Er hatte Lust auf sie, aber er wollte warten, bis sich die Kinder auf den Weg machten. Es tat ihm leid, sie allein in der Küche zu lassen. Er musste an seine Mutter denken, die irgendwann beschlossen hatte, morgens nicht mehr aufzustehen. Seine Klassenkameraden aßen in den Pausen beschmierte Brote, aber er schaffte es nie, sich welche zu schmieren, weil er immer so spät dran war.
Albert streckte einen Fuß aus der Decke und zog ihn schnell wieder zurück. Die Sonne täuschte; es war noch immer bitterkalt, aber Helen weigerte sich im April die Heizung aufzudrehen. Die Kinder waren mittlerweile im Bad und putzten sich die Zähne. Er konnte den laufenden Wasserhahn hören. Wie oft hatte er ihnen gesagt, dass sie ihn zudrehen sollten, bis sie ihren Mund ausspülten. Er drehte sich zu seiner Frau und legte seine Hand auf ihre Brust. Helen war in letzter Zeit zurückhaltend. Dabei törnte sie ihn gerade jetzt, wo sie überall üppiger geworden war, besonders an. Noch vor ein paar Monaten dachte er, dass er mit ein paar ruhigen Nächten gut leben könnte. Fast täglich hatte sie ungeschickt ihre Hand in seine Hose geschoben und versucht ihn mit einem zurückhaltenden Lächeln zu verführen. Auch wenn er gerade überhaupt nicht in Stimmung gewesen war, ließ er sie machen und wurde schließlich hart, aber wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er drauf verzichten können. Vor vier Wochen hat sie ihn mit diesem Plastikstreifen in der Hand begrüßt und gesagt, dass es eindeutig ist, obwohl er es nicht erkennen konnte. Aber ihre Brüste waren größer geworden, damit war die Sache sicher. Seitdem legte sie sich abends früh ins Bett und schlief schon, wenn er zu ihr kroch. Ein paar Mal hat Albert versucht sie zu wecken, indem er ihr vorsichtig die Unterhose ausziehen wollte, aber sie hat ihn gebeten sie schlafen zu lassen.
Die Kinder saßen im Flur und zogen sich ihre Schuhe an. Dann stritten sie sich darum, wer sich heute den Schlüssel um den Hals hängen durfte. Schließlich kamen sie ins Schlafzimmer und beschwerten sich bei ihm.
„Ihr braucht keinen Schlüssel, einer von uns ist nachher auf jeden Fall zu Hause“, sagte er.
„Steht Mama heute wieder nicht auf?“ fragte Jonas.
„Heute bestimmt. Vielleicht holt sie euch sogar von der Schule ab“, sagte Albert und strich seinem elfjährigen Sohn über das lange Haar. Er und Helen hatten alles versucht, dass er sich endlich die Haare schneiden lasse, aber er weigerte sich strikt.
„Setz dir doch wenigstens eine Baseballmütze auf, damit dir die Haare nicht ins Gesicht hängen“, sagte er und griff nach der Hand seiner Tochter. Obwohl sie zwei Jahre jünger war, überragte sie ihren Bruder um mindestens zwei Zentimeter. Antonia umarmte ihn und flüsterte ihm ins Ohr, dass sie eine Überraschung für ihn habe, wenn sie den Schlüssel heute bekomme. Er drückte sie an sich und küsste sie auf die Wange. Dann nahm er ihr den Schlüssel aus der Hand und sagte: „Ihr braucht keinen Schlüssel. Und nun los zur Schule, sonst kommt ihr zu spät. Braucht ihr Geld für den Bäcker?“
„Ich habe uns schon Brote geschmiert“, sagte Jonas stolz.
„Steht Mama heute wirklich auf?“ fragte Antonia.
„Ja“, sagte Albert und sah ihnen hinterher. Er hörte ihre lauten Schritte im Treppenhaus und dachte an die Nachbarn, die sich bei jeder Gelegenheit beschwerten. Ein Urlaub auf dem Land wäre jetzt schön, sagte er sich und drehte sich zu seiner Frau. Ihr nacktes Bein lag auf der Decke. Kleine, blonde Härchen glänzten in der Sonne. Albert strich vorsichtig über ihren Oberschenkel. Sie seufzte wieder und rückte an die Wand. Albert zog seine Hand weg und betrachtete sie. Er wollte sie noch eine Weile schlafen lassen und ihr dann Tee ans Bett bringen. Sie klagte seit kurzem darüber, dass ihr morgens so schlecht war. Aber auch sonst schien es ihr nicht gut zu gehen. Meistens lag sie im Bett und schlief oder döste. Manchmal griff sie nach einem Buch und legte es nach ein paar Seiten wieder zurück auf den Nachttisch. Albert fragte sie von Zeit zu Zeit, ob sie Lust auf einen Spaziergang habe, aber sie schüttelte den Kopf und versprach, dass sie am nächsten Tag aufstehen würde.
Er sah auf die Uhr. In zwei Stunden müsste er die fälligen Übersetzungen versenden. Er hatte schon zweimal um einen Aufschub gebeten und gesagt, dass es seiner Frau nicht gut gehe. Sie brauchten das Geld, auch wenn sie den Plan, in eine größere Wohnung zu ziehen, fürs erste aufs Eis gelegt hatten. Er hatte sie getröstet und gesagt, dass das Baby ohnehin in ihrem Zimmer schlafen würde und wenn es größer wäre, könnte man immer noch sehen. Zurzeit war es für alle schwierig. Er brauchte nur an Thomas und Christina zu denken, die nach und nach ihr gesamtes Mobiliar bei e-bay verkauften. Sein bester Freund hatte die beiden großen Zimmer seiner Wohnung vermietet und hauste in dem kleinsten Zimmer, weil er kaum über die Runden kam. Man bemühte sich nicht ständig über Geld zu reden, aber fast jeder in ihrem Freundeskreis schien sich zu fragen, wie es weiter gehen sollte. Er sah wieder zu Helen rüber und legte seine Hand auf ihren sich wölbenden Bauch. Sie hatten beide dieses Kind gewollt. Wenn man ihn fragte, ob er sich um ihre Zukunft sorgte, winkte er ab und sagte, dass es keinen großen Unterschied mache, ob einem zwei oder drei Gören die Haare vom Kopf fräßen.
Helen schlug die Augen auf und legte ihre Hand auf seine. Sie lagen eine Weile so da und sagten nichts. Helen schloss wieder die Augen und drückte seine Hand fest an ihren Bauch. Albert dachte an ihre Schenkel und seufzte. Helen kam hoch und küsste ihn auf die Wange. Dann drehte sie sich wieder zur Wand. Albert sah aus dem Fenster und dachte, dass es gut wäre, bald die Fenster zu putzen. Letztes Jahr hatten sie jemanden kommen lassen, der pro Fenster nur sieben Euro nahm. Trotzdem kam bei zehn Fenstern einiges zusammen, zumal sechs davon Doppelfenster waren. Er war ihnen entgegengekommen und hatte pro Doppelfenster nur zehn Euro verlangt, aber Albert scheute sich im Moment vor jeder Ausgabe. Als sie neulich alle zusammen im Kino waren, hatte er den ganzen Film lang ein schlechtes Gewissen. Doch die Kinder hatten sich so gefreut, als Helen plötzlich aufstand und vorschlug, etwas Schönes zu unternehmen.
Er stand auf, um Tee zu kochen. Als er am Arbeitszimmer vorbeikam, fielen ihm die Übersetzungen wieder ein. Er würde Helen Frühstück ans Bett bringen und sich dann sofort an den Schreibtisch setzen. Wenn er sich zusammenriss, würde er es schaffen. Sie hatten ihm versprochen, dass er nächste Woche weitere Übersetzungsaufträge bekommen würde, wenn er seine Arbeit gut mache. Sie zahlten nicht besonders gut, aber sie brauchten einen festen Übersetzer. Es würde fürs Nötigste reichen. Und wenn es Helen besser gehe, könnte er sich um weitere Angebote kümmern. Er goss das heiße Wasser auf den Tee und hielt seine Hände an die warme Kanne. Dann schnitt er eine Scheibe Brot ab und beschmierte sie dick mit Kräuterquark. Nach drei Minuten holte er den Teebeutel aus der Kanne und goss Tee in Helens Lieblingstasse. Er wusch einen Apfel und schnitt ihn in kleine Stücke. Dann stellte er alles auf das Tablett. Der Schnittlauch war fast vertrocknet, aber ein paar Halme waren noch grün. Er brach sie vorsichtig ab und verteilte sie auf dem Quarkbrot. Als er die Milch aus dem Kühlschrank holte, entdeckte er einen Joghurtbecher, auf dem das Haltbarkeitsdatum noch nicht abgelaufen war. Er füllte den Joghurt in eine Porzellanschüssel und schob die Teetasse und den Teller beiseite, damit er noch auf das Tablett passte. Sein Blick fiel auf die Uhr an der Wand. Er füllte die Gießkanne mit Wasser und goss den Schnittlauch und die anderen Pflanzen auf der Fensterbank. Das Fenster in der Küche war nicht so dreckig wie die anderen Fenster, weil es zum Hof hinausging. Daran konnte man sehen, wie viel Dreck Autos verursachen, dachte Albert. Helen hatte vor kurzem gefragt, ob sie sich nicht doch eins kaufen sollten, weil es mit drei Kindern billiger wäre als mit dem Zug zu fahren. Er nahm sie in den Arm und versprach darüber nachzudenken, obwohl er wusste, dass sie sich keines leisten konnten, wenn nicht ein Wunder geschehe.
Albert trug das Tablett ins Schlafzimmer und stellte es neben das Bett. Dann beugte er sich über seine Frau und küsste sie vorsichtig auf die Stirn.
„Willst du frühstücken?“ fragte er leise. Helen öffnete die Augen und blinzelte in die Sonne. Er strich ihr über die Haare und griff nach der Teetasse. Sie setzte sich auf und lächelte ihn an. Ihm fiel auf, dass auch ihr Gesicht voller geworden ist. Es stand ihr gut, fand er. Sie nahm ihm die Tasse ab und trank ein paar Schlücke. Er reichte ihr das Quarkbrot. Sie aß schweigend. Albert blieb bei ihr sitzen und streichelte ihren Unterarm. Als Helen aufgegessen hatte, schlug sie die Decke weg und sah ihn auffordernd an.
„Komm doch ein bisschen zu mir“, sagte sie und zwinkerte ihm zu. Er legte sich neben sie und nahm sie in die Arme. Sie drängte sich an ihn und schob ihm ihren Schenkel zwischen die Beine. Vorsichtig streichelte er ihre Hüfte. Sie nahm seine Hand und legte sie auf ihren Bauch.
„Freust du dich?“ flüsterte sie.
„Und wie!“ sagte er mit belegter Stimme.
„Ich auch“, sagte sie und führte seine Hand langsam zwischen ihre Schenkel.

Eine kurze Geschichte über die Liebe
Jessica Falzoi, 2004

Quentin Tarrantino? Nie gehört. Es soll
ja Leute geben, die jede Woche zweimal
ins Kino rennen. Ich weiß gar nicht mehr,
wann ich das letzte Mal im Kino war. Es
muss Jahre her sein. Ich glaube, es war ein
japanischer Film. War nicht schlecht. Nur
das Ende war ein bisschen traurig.

Rippe Schulz. Gespräche. (это эпиграф, не знаю, как подвинуть)



Ich drückte auf die Klingel. Kurze Zeit später öffnete sich die Tür und vor mir stand Nr. 85. Ich wollte ohne Umschweife zustechen und hatte schon das Messer hinter meinem Rücken hervorgeholt, als ein ca. fünfjähriger Junge die Treppe herunter gestürmt kam und sich zwischen uns stellte.
„Bringst du das Paket?“ fragte er mit weit aufgerissenen Augen.
Ich zögerte. Mich interessierte es nicht, ob Kinder Zeugen waren, aber er könnte etwas abbekommen oder sogar dabei draufgehen und ich töte aus Prinzip nicht grundlos. Den es erwischt, der hat es auch verdient.
Ich hielt das Messer wieder hinter meinem Rücken versteckt und hielt seinen Vater am Arm fest, damit er nicht auf die Idee kam, zum Telefon zu gehen. Dann bückte ich mich zu dem Jungen und flüsterte ihm ins Ohr: „Geh schnell auf dein Zimmer und zähl bis fünfzig, dann bekommst du deine Überraschung.“
„Ich kann aber noch nicht bis fünfzig zählen“, sagte er leise und seine Augen füllten sich mit Tränen.
„Dann zähl eben fünfmal bis zehn, das wirst du doch wohl schaffen?!“ sagte ich gereizt. Lange würde ich keine Geduld mehr haben und die Sache über die Bühne bringen, Kind hin oder her. Umso besser, wenn sie so früh wie möglich auf die Scheiße vorbereitet werden, die sie später erwartet.
„Geh auf dein Zimmer, Fabian, aber plötzlich!“ zischte der Vater.
Der Junge sah erst seinen Vater an, dann mich, und rannte nach kurzem Zögern die Treppe hinauf. Als ich hörte, wie eine Tür zugeschlagen wollte, stach ich zu. Er fixierte mich mit seinem Blick und rührte sich nicht, dann sank er in sich zusammen und stürzte zu Boden. Ich stach noch ein paar Mal zu, um sicher zu gehen, dass er tot war. Nr. 5 hatte überlebt und ich musste ihn ein zweites Mal aufsuchen, solch eine Schlamperei durfte mir nicht ein zweites Mal passieren. Ich suchte nach seinem Puls und spürte nichts. Als ich wieder nach meinem Messer griff, erschien der Junge am Treppenabsatz. Ich schnitt schnell den rechten Zeigefinger seines Vaters ab und verließ das Haus. Man könnte erwarten, dass Kinder in solchen Momenten ein Riesentheater starten, aber meine Erfahrung zeigte, dass sie wie erstarrt dastehen und nicht die Blicke von der Leiche wenden können.
Ich ging zurück zu meinem Auto und strich Nr. 85 von meiner Liste. Heute war ein guter Tag, ich hatte gegen sechs Uhr morgens mit Nr. 81 angefangen und jetzt war es noch nicht einmal neun Uhr abends. Soviel Glück hatte ich jedoch nicht immer, dass sie alle im Umkreis von ein paar Kilometern wohnten. Und ich sie darüber hinaus auch alle in ihren Wohnungen oder Häusern antraf.
Falls es jemanden interessiert, ihr könnt mich Rippe Schulz nennen. Rippe hat sich vor ein paar Jahren mal ein Freund ausgedacht, weil er meinte, man könne bei mir jede einzelne Rippe sehen. Ich habe ihn in seine Wampe geboxt, bis er am Boden lag und winselte, aber den Namen habe ich trotzdem behalten. Er ist auch nicht schlechter als jeder andere. Mein Vater war Nr. 1 und lebte folglich nicht mehr, meine Mutter lebte noch, aber irgendwie auch wieder nicht. Ich war gerade dabei, sie wieder zu den Lebenden zurückzuholen. Wenn ich mit Nr. 112 fertig sein würde, hätte ich gute Chancen, mein Ziel zu erreichen. Trotzdem musste ich mich beeilen; ich hatte das dumpfe Gefühl, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis man mir auf die Schliche kam. Auch wenn ich bis jetzt überaus sauber gearbeitet hatte.
Nr. 86 war eine Lehrerin aus der Grundschule. Sie verpasste Mama eine kräftige Ohrfeige, als sie ihre Federtasche verloren hatte und am nächsten Morgen mit ein paar Stiften in einer Brottüte in der Schule erschienen war. Wann hätte sie sich denn eine neue Federtasche kaufen sollen? Außerdem hoffte Oma noch, dass sie sich bald wieder anfinden würde, denn so eine Federtasche war nicht so leicht vom Haushaltsgeld abzuzweigen. Oma und Opa sind Nr. 3 und Nr. 4 gewesen. Es fiel mir schwerer, als ich gedacht hatte, zumal ich bei ihnen aufgewachsen bin und sie mich eigentlich immer anständig behandelt hatten. Aber nachdem ich Mamas Tagebücher auf dem Dachboden gefunden hatte, war klar, dass sie mit als erstes dran glauben mussten. Um ihnen einen kleinen Aufschub zu gewähren, hatte ich meinen Vater und ihren ersten Freund zuerst erledigt, aber dann hatte ich sie nicht länger verschonen können. Ich habe es getan, als sie fest geschlafen haben, ich habe ihnen ein starkes Schlafmittel verpasst und so haben sie im Gegensatz zu den anderen den Vorteil gehabt, nichts zu spüren. Mit Nr. 1 habe ich mir im Gegensatz dazu besonders viel Mühe gegeben: Er sollte erfahren, wie er Mama verletzt hat. Die meisten Menschen haben so wenig Einfühlungsvermögen, dass sie am eigenen Leibe spüren müssen, was sie verbockt haben. Du kannst ihnen tausendmal erklären, was es bei dir bewirkt hat, sie werden es erst dann nachvollziehen können, wenn du es ihnen zeigst. Mein Vater hat meiner Mutter das Herz gebrochen, also habe ich ihm seins gebrochen. Mit einem kleinen, aber feinen Hammer, den ich langsam in seine Herzkammer schlug. Ich war erstaunt, wie lange er es noch bei vollem Bewusstsein mitgekriegt hat. Mir kam die Idee, sein zertrümmertes Herz als Pfand zu nehmen, aber das hätte die Ordnung durcheinander gebracht. Ich hatte mich einmal für den rechten Zeigefinger entschieden, also blieb es dabei.
Bei den anderen wandte ich meine Standardmethode an. Das Fleischermesser, richtig eingesetzt, ist effektiv und auch nicht so laut wie eine Schusswaffe. An das Blut habe ich mich schnell gewöhnt, obwohl ich früher kein Blut sehen konnte. Aber ich dachte mir, dass auch ich Opfer für Mama bringen musste. Außerdem müsste ich sonst zwei Gegenstände mit mir herumtragen, schließlich brauche ich das Messer ohnehin, um den Finger abzuschneiden.
Mama hat sehr gründlich Tagebuch geführt. Jeden Tag hat sie vermerkt und zu jeder Person genaue Angaben gemacht, sonst wäre es sicherlich komplizierter gewesen, sie nach der langen Zeit alle aufzuspüren. Ich habe zwei Wochen gebraucht, bis ich mich durch die Kiste mit den mittlerweile vergilbten Heftchen durchgelesen hatte. Anfangs hatte ich Schwierigkeiten mit ihrer Schrift, deshalb habe ich zwei oder drei Namen verwechselt. Damals war ich noch keine siebzehn, da kann man noch nicht so professionell vorgehen. Jetzt bin ich zwanzig und mir passieren keine Fehler mehr.
Nr. 86 sitzt wie erwartet vorm Fernseher und trinkt ihr Abendbier. Sie ist mittlerweile 79 Jahre alt und würde in zwei Monaten in ein Altersheim kommen, das ihr Schwiegersohn ausfindig gemacht hatte. Zwei Jahre hat sie sich erfolgreich dagegen gewehrt, aber vor drei Monaten ist sie in der Küche hingefallen und drei Tage liegengeblieben, daraufhin hat man sie kurzerhand vor vollendete Tatsachen gestellt. Ich hatte den leisen Verdacht, dass sie mir nicht ganz undankbar sein würde, sie hatte auf ihrem Nachttisch einen hübschen Vorrat an Schlaftabletten angesammelt und so musste ich mich beeilen, dass sie mir nicht zuvorkam. Das war der Hauptgrund für mein Tempo jene Woche, sonst ließ ich zwischen zwei Verabredungen ein oder zwei Wochen verstreichen, um nicht zuviel Panik zu verbreiten.
Es dauerte ein paar Minuten, bis sie sich aus ihrem Fernsehsessel erhoben hatte. Kurze Zeit hatte ich Angst, dass sie nicht aufmachen würde, schließlich ging der Tatort schon fast auf sein Ende zu und sie wollte bestimmt nicht verpassen, wie der Mörder gestellt wurde. Das Leben ist doch viel spannender als die Glotze, flüsterte ich in der Hoffnung, meine Gedanken würden sich auf ihre übertragen, aber da hörte ich auch schon ihre schlurfenden Schritte.
„Wer ist da?“ fragte sie leise
„Kripo Lübeck, öffnen Sie bitte die Tür!“
Sie löste die Ketten aus den Sicherheitsschlössern und öffnete mir. Ich stieß die Tür auf und haute ihr das Messer in den Bauch. Sie stöhnte kurz auf und wurde ohnmächtig. Das passierte leider manchmal und verdarb die Sache. Es kam mir wie Verrat vor, weil es Mama im Grunde nichts nützte, wenn sie nichts davon mitbekamen. Aber es ließ sich nicht ändern, also beeilte ich mich, ihr die tödlichen Stiche zu verpassen und den Zeigefinger abzuschneiden. Ich wickelte ihn in Frischhaltefolie und legte ihn zu den anderen in die Metalldose. Dann schob ich ihren Körper beiseite, um die Wohnungstür wieder schließen zu können und ging zurück zum Auto. Ich hatte ein besonders gutes Gefühl, als ich für heute die sechste Nummer von meiner Liste strich. Es war viertel vor zehn, der Tatort war zu Ende und wenn ich mich beeilte, konnte ich noch einen Rest von der Christiansen sehen. Nicht, dass ich ihre dämliche Sendung mochte, aber sie war Nr. 99 und es bereitete mir zugegebenermaßen ein gewisses Vergnügen, ihren letzten Lebensabschnitt begleiten zu können. Öffentliche Personen übten einen besonderen Reiz auf mich aus, wie man bestimmt nachvollziehen kann. Schon allein der angehobene Schwierigkeitsgrad unterschied sie von den anderen. Außerdem konnte ich darüber später lange Reportagen in den Zeitungen lesen, während die anderen meist nur einen kleinen Absatz in den Lokalnachrichten zugesprochen bekamen.
Ich hätte nicht gedacht, dass es bei den Öffentlichen so einfach sein würde, mit ihnen in Kontakt zu treten. Aber die Mehrheit war männlich und ich war eine junge Frau, die mit ein wenig Vorbereitung gewisse Reize in ihnen ansprach. Die meisten waren ziemlich schnell bereit sich mit mir zu treffen und da sie alle verheiratet waren, hingen sie unsere Verabredung nicht an die große Glocke. Nr. 54 war ein gewisser Dieter Bohlen, über den sich Mama oft geärgert hat, weil er ihrer Meinung nach vollgeschissenes Klopapier zu Verlagen schicken konnte und ihm das mit Kusshänden abgenommen wurde. Wenn man mich fragt, war er ihre Wut gar nicht wert, er war inzwischen an Prostatakrebs erkrankt und hatte nur noch wenige Wochen zu leben. Wahrscheinlich war er mir sogar dankbar, dass ich ihm das Messer in den aufgeblähten Bauch jagte und ihm damit ein schnelles Ende schenkte. Besonders schwierig war die Nr. 36, ein Mann namens Reich-Ranitzky, der auch irgendwie mit Literatur zu tun hatte. Ich konnte ihn gerade noch erwischen, bevor er seinen letzten Atemzug tat. Der Pfarrer war schon auf dem Weg, die Familie saß gemütlich im Wohnzimmer beieinander und spekulierte über das Erbe, während der gute Herr schon seit Tagen bewusstlos vor sich hin röchelte. Ich hatte so meine Mühe, ihn einigermaßen zu Bewusstsein zu bringen, damit er wenigstens noch das Messer sehen konnte, wie es in seinen Bauch gerammt wurde. Aber wenn ich ehrlich bin, hatte er schon die Löffel abgegeben, bevor ich seine Haut berührte. Trotzdem fügte ich als Kommentar zu meiner Liste, dass er höllisch gelitten hat, weil ich das Gefühl hatte, dass Mama eine besondere Rechnung mit ihm offen hatte.
Ich muss zugeben, dass ich Mamas Wut auf die Literaturheinis nicht ganz nachvollziehen konnte, weil sie ihr ja nicht direkt etwas angetan haben, sondern sie lediglich ignorierten. Als ich aber die Mappe mit den Absagen von Verlagen gefunden hatte, konnte ich sie ein bisschen besser verstehen.
Ich kam gerade noch rechtzeitig, um die letzten Minuten der Christiansen zu sehen. Es war wieder unerträglich und ich war versucht, sie vorzuverlegen, damit das endlich ein Ende hätte. Aber ich hatte mir mit viel Mühe meine Liste erstellt und sie so sortiert, dass ich einen Ort nach dem anderen abarbeiten konnte, sodass es im Grunde zu umständlich war, sie mir schon jetzt vorzuknöpfen. Als nächstes waren zwei ehemalige Klassenkameraden dran. Die hätte ich am liebsten als erstes auf meine Liste gesetzt, aber ich habe bei meinem Vater angefangen, weil ich mit ihm eine besondere Rechnung offen hatte, und der wohnte in München, also brauchte ich eine Weile, um mich hochzuarbeiten. So sehr traurig war ich später nicht über die Verzögerung, sie trieben mich sozusagen an, sodass ich fast ein wenig Angst hatte, dass mein Ehrgeiz geringer würde, sobald ich sie einmal erledigt hätte. Beide waren wie erwartet nie aus ihrer Heimatstadt weggekommen, was die Sache ungemein erleichterte. Dabei konnte ich noch froh sein, dass ich nur einmal ins Ausland musste und das hatte ich mir als Bonbon für den Schluss aufbewahrt. Außerdem würde es in Australien einfacher für mich sein unterzutauchen. Ich muss zugeben, dass es mich erstaunte, dass alle in Deutschland wohnten, schließlich war Mama oft im Ausland gewesen, einmal sogar für längere Zeit in den Staaten. Aber von der Zeit gab es keine Tagebücher und ich konnte mir schließlich nicht das ganze amerikanische Volk vornehmen, um ein paar Richtige zu treffen. Vielleicht hatte Mama in der Zeit auch wider Erwarten Glück gehabt. Oder es waren so viele gewesen, dass es nicht die Mühe wert war, sie einzeln zu nennen. Dann müsste ich doch eine Massenaktion planen. Ich nahm mir vor, sie beizeiten danach zu fragen.
Die beiden Schulkameraden nahm ich mir erst eine Woche später vor, weil ich mir ein paar Tage Urlaub am Strand gönnen wollte. Ich kaufte mir eine Flasche Sekt und ließ mich von der Sonne bräunen, weil ich in Mamas Tagebuch gelesen hatte, dass sie nach der Schule oft an den Strand getrampt ist und sich dort mit warmen Sekt betrunken hatte. Komischerweise ist ihr beim Trampen nie etwas passiert, worüber ich sehr froh bin, weil es äußerst schwierig geworden wäre, die Typen ausfindig zu machen.
Braungebrannt und erholt stand ich schließlich vor dem Reihenhaus am Stadtrand und klingelte. Ein kleiner Mann mit Schweinsnase öffnete die Tür. Ich musste grinsen, weil Mamas Beschreibung noch immer wie die Faust aufs Auge passte.
„Andreas Gotthilf?“ fragte ich und setzte ein verführerisches Lächeln auf.
Er streckte die Brust heraus und grinste unsicher. „Ja?“
„Schatz, wer ist es?“ tönte es hinter ihm und eine untersetzte Blondine tauchte im Hintergrund auf. Ich hatte nicht übel Lust, mir auch sie vorzuknöpfen, aber ich hielt mich zurück. Keine grundlosen Aktionen, auch wenn mir ihre Visage nicht zusagte. Man konnte schließlich nicht jeden über den Haufen schießen, der das falsche Gesicht trug. Ich stach schnell mehrmals hintereinander zu und wartete nicht darauf, dass er zu Boden sackte, sondern schnitt ihm umgehend den Finger ab. Wie vermutet fing die Alte an zu kreischen, im Gegensatz zu Kindern können sich Erwachsene leider nicht beherrschen. Diesmal hatte ich wohlweißlich den Motor laufen lassen, was sich als richtig erwies, weil in Kürze die Nachbarn von dem Lärm, den die Witwe veranstaltete, aufgeschreckt werden würden. Ich sprang in meinen Wagen und raste davon. Erst als ich vor der Tür von Nr. 88 stand, nahm ich mir meine Liste vor und strich Nr. 87 mit einem dicken Rotstift durch. Dann lehnte ich mich zurück und atmete tief durch.
Mit Nr. 88 wollte ich mir Zeit lassen. Er war der gemeinere von den beiden und für die Torturen, die Mama durchstehen musste, der Hauptverantwortliche. Nr. 87 hatte nichts zu melden, vermutlich tat sie ihm manches Mal sogar Leid und er hätte seinen Freund gern zurückgehalten, wenn der wieder zur Verfolgungsjagd ansetzen wollte. Jeden Tag musste Mama vor ihnen wegrennen und sie holten sie jedes Mal kurz vor ihrer Haustür ein. Zwei Jahre ging das so, bis sie beide vom Gymnasium flogen. Zwei Jahre macht 80 Schulwochen oder 400 Schultage. Ich hätte ihm zu gerne für jeden einzelnen Tag einen Stich verpasst, aber erstens dauerte das zu lange und zweitens wäre er spätestens beim 20sten ohnmächtig geworden. Ich könnte ihm auch seinen ekelhaften Körper in 400 Teile schneiden, aber viel würde er nicht davon mitbekommen. Zu spät wurde mir bewusst, dass ich mir in Bezug auf diese beiden Kandidaten nicht genug Gedanken gemacht habe. Ich hätte sie zusammen erwischen sollen und erst Nr. 87 in zweihundert Teile schneiden sollen, während Nr. 88 zusehen und die Vorfreude auf seine 200 Stiche auskosten konnte. Aber es bringt nichts, über Dinge zu grübeln, die man nicht mehr ändern kann, also beschloss ich das Beste aus der Situation zu machen und wartete darauf, dass seine Frau das Haus verließ, um zu ihrem wöchentlichen Volleyballtraining zu gehen. Endlich ging die Haustür auf und ich konnte ihre Silhouetten sehen, die sich kurz umarmten und dann wieder trennten. Ich grinste. Man sollte sich immer gründlich voneinander verabschieden, war meine Devise, schließlich konnte man nie wissen, ob man sich wiedersah.
Ich wartete einige Minuten und ließ ihm Zeit, sich ein Bier aus dem Kühlschrank zu holen und es sich vor dem Fernseher gemütlich zu machen. Dann geschah plötzlich etwas, womit ich nicht gerechnet hatte: Aus einem dunkelblauen Fiat, der hundert Meter entfernt geparkt hatte, sprang eine Frau im Minirock heraus und ging schnell auf die Haustür von Nr. 88 zu. Ich war also nicht die einzige, die sehnsüchtig darauf gewartet hatte, dass die werte Frau Gemahlin zum Training verschwand. Bevor die unerwartete Besucherin den Klingelknopf berührt hatte, ging die Tür auf und sie wurde ins Haus gezogen. Ich hämmerte nervös mit den Fingern auf das Armaturenbrett. Wenn sie jetzt sofort in der Koje verschwanden, was anzunehmen war, schließlich würden sie die Zeit ausnutzen wollen, würde er wahrscheinlich nicht an die Tür gehen. Ich musste mir also entweder eine andere Möglichkeit ausdenken ins Haus zu kommen oder die Sache auf Morgen verschieben. Letzteres ging mir gründlich gegen den Strich, schließlich war das mein letzter Schlag in dieser Stadt und ich hatte für morgen im Vierjahreszeiten in Hamburg gebucht. Ich hatte mich bis dahin immer an meine Zeitpläne gehalten und denke, dass das einer der Gründe war, dass bis jetzt alles glatt gelaufen war. Ich entschied mich für die erste Variante und stieg aus dem Auto.
Die meisten Menschen fühlen sich in ihren vier Wänden sicher, vor allem wenn sie eine Alarmanlage eingebaut haben. Meistens versäumen sie aber, diese auch anzustellen, wenn sie gerade zuhause sind. Sie gehen davon aus, dass man nur während ihrer Abwesenheit einbricht. Komischerweise kommen sie gar nicht auf die Idee, dass man es auf ihren erbärmlichen Arsch absehen könnte. Ich kletterte auf den Balkon im ersten Stock und stellte mich vor die Fensterfront, die seit ein paar Minuten erleuchtet wurde. Sie hatten noch nicht einmal die Vorhänge zugezogen und so konnte ich ihre nackten Körper auf dem Bett sehen. Nr. 88 lag mit über dem Kopf verschränkten Armen auf dem Bett und hatte die Augen geschlossen. Die Frau lag quer über dem Bett und stülpte ihren Mund über seinen Schwanz. Sie bewegte ihren Kopf ein paar Mal hoch und runter, während sie mit der rechten Hand seinen Bauch streichelte. Ich zündete mir eine Zigarette an und drehte mich weg. So ein Blowjob konnte dauern. Als ich aufgeraucht hatte, checkte ich die Lage. Ihre Bewegungen waren mittlerweile schneller geworden, lange würde sie das Tempo nicht mehr durchhalten. Wie vermutet, hielt sie nach einem Moment inne und legte sich auf ihn. Sie wälzten sich ein paar Mal hin und her, dann drehten sie sich um und er presste sein Gesicht zwischen ihre Beine. Auf diesen Moment hatte ich gewartet. Ich schlug mit meinem Ellenbogen in die Glastür und stürzte mich mit erhobenem Messer auf ihn. Nach meinem Geschmack ging die Sache viel zu schnell über die Bühne, sodass ich sie vor lauter Enttäuschung am liebsten auch noch behandelt hätte, schließlich hatte sie alles durcheinandergebracht mit ihrem unvermuteten Erscheinen. Aber als mein Blick auf sie fiel, während ich seinen Finger absäbelte, wurde mir klar, dass sie schon vom Zusehen genug hatte. Sie starrte auf das Blut, das aus seinem Rücken strömte und wimmerte wie ein Baby vor sich hin. Ich verschwendete keine weitere Zeit und haute über den Balkon wieder ab. Als ich mein Auto startete, kam die betrogene Ehefrau zurück, vermutlich hatte sie etwas vergessen oder sogar Verdacht geschöpft. Ich grinste bei der Vorstellung, wie das Vögelchen wegen der blutigen Leiche zwischen ihren Beinen in Erklärungsnot geraten würde und brauste davon.
Vor dem nächsten McDonalds parkte ich und strich Nr. 88 von der Liste. Dann stieg ich aus und bestellte kurz darauf zwei BigMacs mit einer mittleren Portion Pommes. Ich hatte den ganzen Tag nichts gegessen, das passiert mir oft, wenn ich im Stress bin. Mein Arzt hat mir schon oft geraten, regelmäßiger zu essen, dann würden die Magenschmerzen vielleicht aufhören. Als ich in mein Hotel zurückkam, war es fast Mitternacht. Ich versuchte noch ein paar Seiten zu lesen, aber die Schrift verschwamm immer mehr vor meinen Augen, also legte ich das Buch auf den Nachttisch und knipste das Licht aus.
In Hamburg lief alles wie am Schnürchen und ich war bald bei der Nr. 99 angelangt. Was Mama speziell an der Christiansen auszusetzen hatte, war mir nicht richtig klar geworden, schließlich ging die so ziemlich jedem auf die Nerven. Aber ich muss zugeben, dass ich mich wie eine Art Retterin der Nation fühlte, als ich in das Restaurant betrat, in dem ich mit ihr verabredet war. Auch hier war es erstaunlich leicht gewesen, einen Termin zu bekommen. Die meisten Leute sind schrecklich eitel und versäumen keine Gelegenheit, mit der Presse zu sprechen. Vor allem, wenn man als Hollywoodgesandte angemeldet ist und eventuell ein paar Minuten im amerikanischen Fernsehen anzubieten hat. Die Schickse hatte sich für mich außerordentlich in Schale geworfen und hing mir regelrecht an den Lippen. Es war ein Leichtes, sie in die Toiletten zu locken und sie regelrecht ins Messer laufen zu lassen. Ich schleifte sie in eine der praktischerweise großen Klokabinen, entfernte die Blutspuren, zog meine Perücke vom Kopf und verließ unbehelligt das Restaurant. Diesmal hatte ich meinen Wagen stehen gelassen, weil man mit den Öffentlichen vorsichtiger sein musste.
Nr. 100 erledigte ich kurze Zeit später und gönnte mir daraufhin eine Flasche Schampus wegen der runden Zahl. Ziemlich angetrunken legte ich mich schließlich ins Bett und freute mich, dass ich mich langsam dem Ende näherte. Die restlichen waren bis auf Nr. 112 Kinderkram: fünf von ihnen waren mehr oder weniger reine Bettgeschichten, die ich emotionslos und schnell tötete, da sie kaum Zeit gehabt haben, Mama ernstlich zu schaden. Bevor ich losgelegt hatte, wusste ich nicht genau, ob man wirklich alle erledigen musste, weil sie viele lediglich namentlich nannte und nur kurz erwähnte, mit ihnen im Bett gewesen zu sein. Aber wie ich Mama kannte, hatte sie bei jedem zumindest auf einen Anruf gewartet, der dann anscheinend nicht erfolgte, sonst hätte sie von weiteren Verabredungen berichtet. Wenn ich da schon jemanden verschont hätte, wäre es auch bei anderen schwierig gewesen, abzuwägen, ob sie es verdient hätten oder nicht. Meistens sind die Grenzen fließend, was die Schuldfrage betrifft. Wenn du erst einmal anfängst Abstriche zu machen, kannst du es gleich sein lassen.
Nr. 109 war ein Schauspieler, mit dem Mama ein paar Wochen zusammen war. Ich fand ihn eigentlich ganz nett, aber das waren sie im Grunde alle auf den ersten Blick.
Als ich einen Brief von Mama an seiner Pinnwand entdeckte, kam ich ins Schleudern. Vermutlich hatte er nur vergessen ihn abzunehmen, sagte ich mir und haute ihm das Messer in den Bauch, als er sich vorbeugte, um mich zu küssen. Nr. 110 und 111 waren ehemalige Lehrer, die schon lange pensioniert waren und sich kaum noch erinnern konnten, welche Fächer sie unterrichtet haben. Relativ lustlos stach ich zu, bis sie aufhörten zu atmen. Ich legte ihre Finger zu den übrigen und mir wurde klar, dass ich erleichtert war, zum Ende zu gelangen. Ich hatte befürchtet, dass ich in ein Loch fallen würde, wenn ich das alles hinter mich gebracht haben würde, schließlich hatte es meinem Leben einen festen Rahmen gegeben, aber ich sehnte mich nach Ruhe. Ich fuhr zurück in mein Hotel und schlief mich aus. Am nächsten Tag bezahlte ich meine Hotelrechnung, ging zum Friseur und ließ mir meine Haare kurz schneiden. Nachmittags checkte ich für den Flug nach Australien ein.
In Perth knallte die Sonne auf mich, als ich aus dem Flugzeug stieg. Ich suchte mir ein nettes Hotel und nahm ein Bad, um wieder frisch zu werden. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mir erst einmal die Stadt anzusehen und mich zu erholen, bevor ich mir die letzte Nummer vornahm. Aber ich war unruhig und wollte die Sache endlich zu Ende bringen. Ausruhen könnte ich mich dann noch lange genug. Ich ging zum Empfangschef und ließ mir einen Stadtplan geben. Mein rechter Zeigefinger fuhr die Straßen entlang, die ich zu meinem Zielort nehmen musste. Ich fragte, ob ich mir die Karte ausleihen dürfte und der Empfangschef erklärte mir, dass sie extra für die Hotelgäste hier auslagen. Es kam mir alles plötzlich zu einfach vor. Fast wünschte ich mir, dass sich die Hindernisse auf meinem letzten Weg nur so stapeln würden. Als ich aus dem Hotel trat, wartete schon ein Taxi auf mich und der Fahrer sprang zuvorkommend heraus, um mir die Tür aufzuhalten. Ich nannte ihm die Adresse und sank in den Sitz. Der Wagen hatte eine Klimaanlage, was für eine angenehme Temperatur sorgte, aber ich spürte ein Kribbeln im Hals, was meist eine Ankündigung einer Erkältung bedeutete. Ich bat den Taxifahrer, die Klimaanlage auszuschalten und er sah mich erstaunt an. Er fragte mich, ob ich Europäerin sei und ich nickte, obwohl mir nicht ganz klar war, was das mit der Klimaanlage zu tun hatte. Er erzählte mir, dass sein Vater aus der Ukraine stammte und dass er gerne einmal dorthin fahren würde, um seine Verwandten zu besuchen. Ich nickte wieder und sah zur anderen Seite, in der Hoffnung, dass er aufhören würde zu reden. Er redete über seine gesamte Verwandtschaft, bis wir endlich ankamen und ich ihn mit einem großzügigen Trinkgeld versorgte. Als ich ausstieg, schlug mir die Hitze entgegen. Ich hatte Kopfschmerzen und wäre am liebsten umgekehrt. Normalerweise nutzte ich die letzten Minuten dazu mich zu sammeln. Ich hatte das vage Gefühl, nicht gut vorbereitet zu sein, aber ich riss mich zusammen, weil ich es endlich hinter mich bringen wollte. Dieser hier war Mamas letzter Freund. Der letzte Abschnitt über ihn war von ihren Tränen so verwischt, dass ich nichts mehr lesen konnte. Es hat lange gedauert, bis ich ihn gefunden hatte. Über seine Eltern habe ich letztendlich erfahren, dass er mit seiner Freundin in diesem schäbigen Viertel lebt. Sie wollten schon lange nichts mehr mit ihm zu tun haben. Wenn es nach ihnen ginge, könnte das feine Pärchen sich gerne tot saufen. Gut, dabei konnte ich ihnen helfen und das ganz ohne Alkohol.
Ich ging langsam auf den Eingang des kleinen Häuschens zu. Musik drang nach draußen und ein Hund bellte. Das musste aus dem Nachbarhaus kommen, von einem Hund war nie die Rede gewesen. Ich drückte das Messer an mich. Nicht, dass so kurz vorm Ziel ein dummer Köter alles verderben würde. Eine männliche Stimme rief den Hund zur Raison und die kam eindeutig aus dem Nachbarhaus zu meiner Rechten. Ich atmete auf und klopfte an die Tür. Als nach fünf Minuten keiner gekommen war, drückte ich vorsichtig die Klinke herunter. Es quietschte leise, als ich die Tür langsam öffnete. Ich schlich mich auf den Zehenspitzen in einen engen, dunklen Flur und ging auf den einzigen Lichtschein zu, der von einer angelehnten Tür herrührte. Die Musik kam aus dem Zimmer. Eine schmale Treppe führte nach oben. Nichts rührte sich. Ich drückte vorsichtig die angelehnte Tür auf und sah einen Mann, der auf einem kleinen Sofa schlief. Sein linker Arm hing schlaff herunter und aus seinem Mundwinkel lief ein dünner Spuckefaden. Er roch stark nach Alkohol. Auf dem Tisch vor ihm stand eine fast leere Flasche Wodka. Ich wischte mit meinem Ärmel über den Flaschenhals und trank den Rest aus. Dann stieß ich mit voller Kraft mein Messer in seine Wampe. Er riss die Augen auf und schrie. Ich stieß immer wieder zu, weil er nicht aufhören wollte mit dem Geschrei. Er war unglaublich hartnäckig und ich dachte, er wollte nie aufgeben. Das Blut spritzte nur so aus ihm heraus und traf mich mehrmals ins Gesicht. Ich musste würgen, aber riss mich zusammen. Als er sich endlich nicht mehr rührte, atmete ich erleichtert auf und schnitt meinen letzten Zeigefinger ab. Dann musste ich mich setzen, so sehr war ich außer Atem. Ich wischte mir mit der Tischdecke das Blut aus dem Gesicht und wollte gerade aufstehen, als Schritte auf der Treppe zu hören waren. Ich griff nach meinem Messer und hielt es vor mich.
„Du hast ihn umgebracht, du Schlampe!!“
Ich erkannte sie sofort. Sie stürzte sich auf mich und schlug mir ins Gesicht.
„Mama!“
„Du Schlampe, was hast du getan?!“
Ich warf mich auf den Boden und umklammerte ihre Knöchel. „Mama, ich wusste nicht, dass du hier bist.“
Sie trat mit den Füßen nach mir und stürzte sich auf das Telefon.
„Mama, ich hab es für dich getan. Hier“, ich zeigte ihr den Zeigefinger, „im Hotel habe ich die von den anderen. Alle 132.“ Ich warf mich in ihre Arme und fing an zu weinen. Sie stieß mich auf den Boden und brüllte ins Telefon, dass ihr Mann ermordet worden ist.
„Mama!“ flehte ich sie an.
„Hau ab, du Miststück!“ Sie griff nach einer Vase und warf sie nach mir. Ich hörte, wie das Geräusch von Sirenen sich näherte. So schnell konnten sie doch gar nicht sein, dachte ich, aber bewegte mich trotzdem in Richtung Fenster.
„Mama“, versuchte ich es ein letztes Mal. Sie sank in einen Sessel und schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen. „Hau ab“, sagte sie diesmal so leise, dass ich es kaum hören konnte. Die Sirenen wurden lauter. Ich warf einen letzten Blick auf sie und sprang aus dem Fenster.
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Сообщение Night witch » Пт апр 29, 2005 17:10

Ничего против не имею. Но поскольку уже времени много прошло, предлагаю народу за выходные определиться, что именно мы переводим. А можно все три взять (то есть один из трех по выбору), как это англичане решили сделать. :-)
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Сообщение Катя_А » Вт май 03, 2005 12:26

Привет всем после праздников!
:-) Никто как-то пока не объявляется, так какой же отрывок берём?
Идея "каждый берёт своё" снимает всякую остроту с обсуждения, интенсивность дискуссии тут же падает, и в конечном итоге, мне кажется, это даёт участникам меньше.
Хотя и лучше, чем ничего.
Так что, если берём что-то общее - я присоединяюсь, а если все по отдельности - я беру kill bill gehichte (eine kurze gechichte ueber die liebe)

А в целом конечно май - горячеее время, сессии там всякие, шмессии.
МОжет, кворум и не придёт.
Ау!
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Сообщение Night witch » Вт май 03, 2005 13:24

Катя_А писал(а):Привет всем после праздников!
:-) Никто как-то пока не объявляется, так какой же отрывок берём?
Идея "каждый берёт своё" снимает всякую остроту с обсуждения, интенсивность дискуссии тут же падает, и в конечном итоге, мне кажется, это даёт участникам меньше.
Хотя и лучше, чем ничего.
Так что, если берём что-то общее - я присоединяюсь, а если все по отдельности - я беру kill bill gehichte (eine kurze gechichte ueber die liebe)

А в целом конечно май - горячеее время, сессии там всякие, шмессии.
МОжет, кворум и не придёт.
Ау!


Привет!

Потому как никто не объявился, подозреваю, что народ, возможно, уже начал работу над первым отрывком. Поэтому давайте 31 мая сдаваться, кто может. А следующим отрывком можно взять и кил билла.

А сессии у большинства, наверное, уже позади, и горячее время у нас каждый день. :-)
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Сообщение elna » Вт май 03, 2005 13:43

Я, скорее всего, в этот раз участвовать не буду - уезжаю до 15-го и за оставшиеся две недели просто не успею. Пока даже не было времени всё прочитать.

Вопрос ко всем: а вы не боитесь, что обсуждения таких длинных текстов затянутся до бесконечности? Сказка была в два раза короче, а какая дискуссия развернулась! Я потом уже перестала ориентироваться, кто что о чём сказал. :oops:
Может быть, обсуждать стоит части по порядку? А то у нас получилось почти "кто в лес, кто по дрова". :wink: Но это может быть, только у меня лично такое впечатление? :-)

Как бы то ни было, всем успехов!
:-)
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Сообщение NPD » Вт май 03, 2005 20:07

Конкурс уже начался или пока идет организационная подготовка? :roll:
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Сообщение Night witch » Ср май 04, 2005 08:36

NPD писал(а):Конкурс уже начался или пока идет организационная подготовка? :roll:


Уже идет работа. 31 мая можно будет выложить перевод первого помещенного в этом топике текста. :-)
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Сообщение mashunya » Ср май 04, 2005 08:46

Галина_Н писал(а):
NPD писал(а):Конкурс уже начался или пока идет организационная подготовка? :roll:


Уже идет работа. 31 мая можно будет выложить перевод первого помещенного в этом топике текста. :-)


Привет!!!
наконец-то я разобралась со своими командировками и могу поучаствовать в общественной жизни:))) Очень жаль, что не смогла принять участие в первом немецком семинаре!
Галина, хочу уточнить, все переводят первый текст, или кто какой захочет?
Мало что на свете может сравниться со скукой, которую вызывает в нас хороший перевод. (Марк Твен)
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Сообщение ja » Ср май 04, 2005 09:09

Катя_А писал(а):Идея "каждый берёт своё" снимает всякую остроту с обсуждения, интенсивность дискуссии тут же падает, и в конечном итоге, мне кажется, это даёт участникам меньше.
Присоединяюсь.

...Первый текст меня "не зацепил" - и именно этим интересен!.. :)
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Сообщение Night witch » Ср май 04, 2005 09:25

mashunya писал(а): Привет!!!
наконец-то я разобралась со своими командировками и могу поучаствовать в общественной жизни:))) Очень жаль, что не смогла принять участие в первом немецком семинаре!
Галина, хочу уточнить, все переводят первый текст, или кто какой захочет?


Привет!

Здорово! :-) И главное - всё еще впереди. Да, первый, потому что на призыв о голосовании никто не отозвался. :-) (Я бы с бОльшим удовольствием ругательства малолетних футболистов попереводила). :-) И попутно можно подыскивать текст на следующий/е семинар/ы - вдруг что вкусное попадется. :-)
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Сообщение Катя_А » Ср май 04, 2005 19:29

ну хорошо, первый текст так первый!
А что это за ругательства болельщиков несовершеннолетних?

ДО встречи 31 мая! 8)
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Сообщение Night witch » Ср май 04, 2005 19:35

Катя_А писал(а):А что это за ругательства болельщиков несовершеннолетних?


Первый текст отсюда:

http://trworkshop.net/forum/viewtopic.php?t=7216

Правда все умляуты полетели...
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Сообщение Катя_А » Чт май 05, 2005 14:05

спасибо, почитаю!
Катя_А

 
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Сообщение Гость » Ср июн 01, 2005 00:10

А текст сюда выкладывать или кому-то его высылать? А то что-то никого не видно :-( . Можно тогда его завтра его отправить?
Гость

 

Сообщение Night witch » Ср июн 01, 2005 00:20

Давайте завтра к вечеру, я вот тоже не успела... Договорились? :-)
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Сообщение Гость » Ср июн 01, 2005 14:37

Конечно. :-)
Гость

 

Haende hoch

Сообщение ja » Ср июн 01, 2005 14:48

А я прошу прощения за злостное уклонение... :(
С уважением, Ja
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