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Biestige Biester
„Dafür müssen sie büßen!“
Meine Stimme war immer noch heiser, doch dafür war sie jetzt rauh. So rauh wie Sandpapier mit der gröbsten Körnung und sie hätte jeden Feind in den Boden geschliffen! Doch das konnte sie nicht. Ätzende Hexenspotze! Der Feind war nicht da.
Statt ihm lag der grüne Ball auf dem Amboss und brannte sein Logo in unsere Netzhäute ein.
„Biestige Biester“ stand da in augenausbeißerisch-vulkanroter Schrift und die schlängelte sich Feuerlindwurm- und Giftnattertückisch durch die Augen und Nasenlöcher eines Flederkatzentotenkopfschädels hindurch.
Wir saßen auf Camelot, unserer Feste, und hatten das alte Holzfass in unsere Mitte gerollt. Das machten wir immer, wenn eine Gefahr heraufzog, und das, was hier gerade passierte, das sage ich euch, das war noch viel mehr.
„Los! Lies das hier vor!“, befahl ich Raban und hielt ihm den rosa Zettel vor seine Nase.
Der Junge mit der Coca-Cola-Glas-Brille zuckte erschrocken zurück.
„Wieso ich?“, fragte er, als wär der Zettel vergiftet.
„Weil du unser Manager bist“, antwortete ich, „und weil sich sonst kein anderer traut.“
Raban schluckte. Er schaute sich um. Er hoffte doch wirklich, ich hätte gelogen, doch ich hatte ihnen allen die Geschichte erzählt.
Ich hatte es keinen Augenblick länger ertragen. Der Vormittag in der Schule war die reinste Tortur. Dreimal sprang ich im Unterricht auf. Ich rannte zur Tür. Ich wollte hinaus. Ich dachte doch wirklich, es hätte geläutet. Doch dabei war es beim dritten Mal erst viertel nach acht. Mann-Oh-mann-oh! Am vorletzten Schultag musste ich zum Direktor und - Dreistündiger Hexenfurz! -der ließ mich gar nicht mehr gehen. Selbst nachdem der Schlussgong ertönt war, selbst nachdem die Putzfrau die Regalbretter abgestaubt hatte und die Blumen gegossen, selbst nachdem der Hausmeister die Schule abgesperrt hatte und verflixt noch mal zu Hause vor seinem Fernseher saß, selbst dann hielt mich der Direktor immer noch fest. Er saß einfach vor mir und grinste mich an. Dabei hatte ich ihm doch nur gesagt, was ich von der letzten Schulwoche hielt. Verflixt! Sie war die reinste Schikane. Und genau das bewies er mir jetzt. Das bewies er mir acht lange Stunden bis um viertel nach drei.
„So, von und zu Theumer,“ lächelte er triumphierend, „jetzt darfst du gehen.“
„Oh. Das ist aber schade.“, grinste ich eiskalt zurück, „Ich hab´ schon gedacht, wir spielen noch `ne Runde Kanaster.“
Doch diese Coolness war Fake. In Wirklichkeit saß mir die Angst in den Knochen. Ich floh aus der Schule. Ich sprang auf mein Bäckerradseifenkistenflaggschiff-Fahrrad und raste wie wild durch die Stadt. Ich raste nach Camelot. Ich kappte das Seil mit dem Sandsack. Ich katapultierte mich auf den höchsten der Türme und blies in das Horn: in Camelots Horn und das hallte quer durch die Stadt. Es hallte bis in den Teufelstopf, wo die Wilden Kerle trainierten. Der Holzzaun vibrierte um sie herum. Willi, unser Trainer, verlor vor Schreck seinen Hut. So standen ihm die Haare zu Berge. Und - Mann-Oh-mann-oh! - danach dauerte es keine sieben Minuten, da waren alle dreizehn Kerle bei mir. Sie stoben im Pulk in Julis Garten hinein. Sie sprangen im Fahren aus ihren Sätteln. Sie schnappten sich Leitern und Seile und stürmten dann so, als wollten sie Camelot entern, in die riesige Halle unseres Baumhauses hinein.
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Die gehorsame Prinzessin
Es war einmal ein besonders putziges Prinzeßchen. Ach, wie niedlich es war! Dazu so herzensgut, anständig, ehrerbietig, fügsam und gehorsam. Immer, stets und ständig folgte sie ihrem Vati aufs Wort. Als sie eines Morgens gerade zierlich an ihrer Kakaotasse nippte, ohne auch nur ein bisschen zu verkleckern, erinnerte sie sich, dass ausgerecht an diesem Tag die Omi ihren 72 Geburtstag begehen würde. Nachdem sie sich das Mündchen mit der Serviette abgetupft hatte, ging sie flink zu ihrem Vati und erzählte ihm, dass sie gerne dem lieben, lieben Omili ein kleines, feines, reines Geschenklein überreichen würde, aber leider, leider, leider habe sie nicht die geringste Idee, was die Omi so recht erfreuen und glücklich machen könne.
Lächelnd erklärte Vati, dass es überaus entzückend sein möchte, wenn sie der Omi einen hübschen Strauß schlichter Landblumen pflücken würde. Sie solle das blaue Kittelkleidchen überziehen, damit das Prinzesskleidchen nicht schmutze, solle das dazu passende blaue Käppchen aufsetzen, damit ihr Haar nicht im Winde verwehe und sie solle die blauen Stiefelchen anziehen, denn die Stiefelchen seien geschaffen, mit ihnen durch die freie Natur zu stapfen. „Aber lasse auf jeden Fall den wilden, wüsten Wunderwald links liegen“, warnte der königliche Vater mit wackelndem Zeigefinger. „Im wilden, wüsten Wunderwald lauern Giftpflanzen, Schlangen, Bären, Wölfe, Räuber, Ratten, Riesen, Hexen, Gnome, Kobolde, Ungeheuer, Monster, Drachen, Langhaarige, Hausbesitzer, Radikale, Demonstranten und andere fürchterlich üble Subjekte darauf putzige Prinzessinnen zu betatschen, fangen, küssen, kitzeln, kratzen, killen, grillen, stechen, entführen, fressen, verderben, bestehlen, verzaubern oder noch schreckliche Sachen mit ihnen zu machen“
„O, nicht doch! Ich doch nicht“, wisperte das Prinzeßchen, küsste dem König ein Kusschen in den Bart, knickste ihm einen Knicks und eilte, das Kittelkleidchen, das Käppchen, die Stiefelchen anzuziehen, um das Prinzesskleidchen, die Frisur und die Fußchen beim Ausflug zu schonen. Dann hüpfte sie fröhlich ihres erlaubten, breiten Weges zur Schlosswiese.
Aber ach, auf der ganzen gepflegten Wiese war kein einziges Blümelein zu finden. Doch links von ihr, im wilden, wüsten Wunderwald, da wuchsen und wimmelten, leuchteten und lachten die prächtigsten, buntesten, lockendsten Blumen in wirrem Durcheinander.
Da schauten Butterblumen, Schmalzblumen, Margarineblumen und Ölblumen mit glänzenden Fettaugen durchs Unterholz, da bellten Hundsblumen, miauten Katzenblumen, muhten Kuhblumen in den Wald hinein, dass es nur so herausschallte: da blühten blaue Veilchen, glühten graue Keilchen, gähnten grantige Löwenmaulchen, lauschten lappige Tigeröhrchen, schnupperten schnüffelige Bärennäschen: da glimmerten und schimmerten rote, braune, rosane, lilane, purpurne Fingerhüte, Zehenmützen, Königskerzen, Bauernlampen, Knabenkräuter, Frauenschuhe, Mädchensträucher, Herrensandalen, Orchideen und Orchidies und Orchidas, Kakteen, Fenchelteen, Sonnenblumen, Mondblumen, Sternenblumen; da schnatterten Gänseblumen mit Hühnerblumen um die Wette: da schluckten Kuckucksblumen, guckten Rosen und Nelken und Rolken und Nesen aus dem Laub; da dufteten Laveander und Olendel, ließen Lupinen sich von Bienen bespringen, Märzbecher sich von Maikäfern leertrinken; da schepperten Schneeglöckchen weiß durchs Gestrüpp, wedelten Tulpen und Nulpen und Zulpen mit Blüten, kosten Narzissen mit Astern und Bestern, küssten Krokusse das schüchterne Leberblümchen...
Es war ein Wunderwald mit mehr Blumen, als die gehorsame, kleine Prinzessin mit allem Eifer freitags in der Biologiestunde ihrer höheren Schule kennengelernt hatte.
Wie gerne hätte die niedliche, fügsame Prinzessin aus dieser Pracht einen Strauß als Geschenk für ihre liebe Omi gepflückt. Aber der gute Vati, der brave König, hatte ihr nun einmal verboten, den wilden, wüsten Wunderwald zu betreten, und natürlich dachte die ehrerbietige, pflichtbewusste, kleine Prinzessin nicht einen Augenblick daran es trotzdem zu tun.
Ich bin mir absolut sicher, weiß es hundertprozentig genau: Etwas wahnwitzig Gruseliges, aber rasend Interessantes, etwas ungeheuer Abenteuerliches, aber wonnevoll Prickelndes, etwas sagenhaft Fantastisches, aber sinnvoll Vernünftiges wäre geschehen, wenn die Prinzessin in den Wald gegangen wäre...
Aber sie tat es einfach nicht. Sie ging ohne Blumen zu ihrer Omi und wünschte ihr ein langes, glückliches Leben.
Doch die Glückwünsche nützten nichts, denn schon im folgenden Winter stürzte die Oma beim Schlittschuh lauten und brach sich das Genick; starb also eines unerwarteten, überraschenden, aber wenigstens schmerzlosen Todes.
Und genau das zeigt, wozu brave und ordentliche kleine Mädchen taugen!
Dabei hätte diese Geschichte ausgezeichnet, spannend, gruselig, interessant, abenteuerlich, wunderbar, prickelnd, lustig, fantastisch, sagenhaft und sinnvoll werden können, wenn die Prinzessin nicht gar so gehorsam geblieben wäre.
Aber so war sie nun mal. Was kann denn ich dazu. Da kann ich halt nichts machen.
Aus!